Zur Herkunft der Familie Hagen

Meinen Urgroßvater Werner Hagen lernte ich nie kennen. Er starb bereits im Mai 1959, mit gerade einmal 50 Jahren, sehr unglücklich bei einem Fahrradunfall.

Mit seiner Stammlinie Hagen hatte ich mich bisher wenig beschäftigt. Der großen Hilfsbereitschaft unter familienforschenden Vereinsfreunden ist es zu verdanken, dass wir jetzt Details zur Herkunft der Hagen-Sippe kennen.

Friedrich Hagen, Werners Vater, hatte am 19. November 1903 Frida Thalmann aus Pößneck geheiratet, wie mir die hilfsbereite Mitarbeiterin des Pößnecker Stadtarchives per Kopie aus dem Personenstandsregister bestätigen konnte. Doch im Gegensatz zu seiner Frau war jener Friedrich kein gebürtiger Pößnecker. Der Weber kam vermutlich um 1900 in die ostthüringische Kleinstadt, vielleicht, weil sein Metier hier gefragt war? 1871 existierten in Pößneck immerhin 14 Textilfabriken. 20 Jahre später wurde hier der Gründungskongress der Deutschen Textilarbeitergewerkschaft abgehalten. Wie auch immer, er wurde hier sesshaft und bekam mit seiner Frau Frida mindestens vier Kinder, wovon uns zwei Söhne bisher bekannt sind, neben Werner auch Herbert Hagen.

Werner Hagen mit seiner Frau Margarete geb. Gleim, Tochter Thea verheir. Polasky und Enkelchen Angelika im Kinderwagen (Fotosammlung Angelika Pfletscher)

Wie schon angedeutet enthielt der Auszug aus dem Eheregister die Überraschung, dass Friedrich Hagen nicht aus Pößneck stammte, sondern 1882 in Straßdorf geboren wurde, heute ein Ortsteil von Schwarzenbach am Wald. Seine fränkischen Wurzeln sind über mehrere Generationen hinweg in der Gegend um Schwarzenbach und Nordhalben gediehen.

Dass wir nur wenige Tage nach dieser Entdeckung weitere vier Generationen der Namenslinie Hagen zurückverfolgen können, ist dem solidarischen Miteinander zu verdanken, das man in Forschungsgemeinschaften oftmals kennenlernt. In zwei Mailinglisten zur fränkischen Familienforschung, u.a. der Liste der Gesellschaft für Familienforschung in Franken (GFF), fragte ich nach, ob schon jemand auf den Namen Hagen in dieser Gegend gestoßen ist.

Und tatsächlich vermeldete mein E-Mail-Eingang in den folgenden Tagen mehrere verheißungsvolle elektronische Briefe. Andere Familienforscher gaben mir wertvolle Hinweise, in welchen Archiven ich fündig würde, einige boten mir gar ihre Hilfe vor Ort an.

Besonders dankbar war ich über konkrete Angaben zu den Geburten, Todestagen und Hochzeiten einiger direkter Vorfahren von Friedrich Hagen. Der vorläufig älteste in Franken geborene Vertreter der Hagens war Johann Andreas, ein Maurer, der 1765 in Grund (heute Ortsteil von Nordhalben) zur Welt kam. Sein Vater Johann Nicol stammte aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem nahegelegenen, heute thüringischen Titschendorf (Ortsteil von Wurzbach).

Screenshot aus meiner TNG-Datenbank heraus, 14.06.2021

Dieser familienkundliche Exkurs nach Oberfranken ist nicht der erste gewesen. Die ältesten mir bekannten Vorfahren meiner Namenslinie Pfletscher sind im 18. Jahrhundert im Raum Wunsiedel/Redwitz nachgewiesen und waren dort größtenteils als Hutmänner unterwegs, u.a. seit den 1720er Jahren in Göpfersgrün (heute Wunsiedel).

Nur 2 Kilometer entfernt, in Bernstein, heirateten 1791 Johann Andreas Hagen und Cunigunda Schiffner. Warum ist das bemerkenswert?
178 Jahre später und etwa 90 Kilometer entfernt gaben sich in Pößneck Angelika Polasky (deren Alturgroßvater Andreas Hagen war) und Bernd Pfletscher (Johann Adam Pfletscher aus Göpfersgrün war sein Obervater) das Ja-Wort – meine Eltern.

Wieder einmal wird deutlich, wie zufällig die eigene Existenz ist. Erst recht, wenn wir den Bogen zum Beginn dieses Textes spannen. Werner Hagen starb bei einem Fahrradunfall. Nach getaner Arbeit verließ er den Garten an der Altenburg, um nach Hause zum Franzensplatz zu fahren. Eigentlich wollte er sein 8-jähriges Enkelchen Angelika mit dem Rad mitnehmen, doch der Plan wurde kurzerhand verworfen. Also radelte er allein zurück.

Auf der abschüssigen Straße an der Jüdeweiner Klause nahm sein Zweirad Fahrt auf. Vermutlich wurde ihm unwohl, denn ungebremst und mit ziemlich hoher Geschwindigkeit raste er über die Straße hinweg mitten in ein Möbelgeschäft hinein. An den Folgen des Unfalls starb er im Pößnecker Krankenhaus.

Angelika, die sicheren Fußes zu Hause ankam, sollte später auch eine Familie gründen und drei Jungs das Leben schenken, unter anderem mir. Zum Glück saß sie damals nicht mit auf dem Rad.

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