Der Johannisfriedhof in Jena – ein kulturhistorisches Kleinod

(ergänzte Fassung vom 16.08.2022)

Friedhöfe sind Orte des Abschieds, der Trauer und der Erinnerung. Seit März 2020 ist die Friedhofskultur in Deutschland Immaterielles Kulturerbe. Viele Friedhöfe bieten den Besuchenden eine parkähnliche Atmosphäre. Manchenorts stellen sie die letzten Orte der Ruhe und Einkehr inmitten hektischen, urbanen Alltagslebens dar. Für uns Familienforschende haben Grabanlagen noch eine weitere Bedeutung. Sie sind steinere Quellen, auf denen wir die Lebensdaten unserer Ahnen entdecken können.

Trotz ihres scheinbar unverwüstlichen Materials sind Grabsteine leider keine Quelle von Dauer, denn Grabanlagen werden von Nachlebenden nur zeitlich begrenzt gepflegt und finanziert. Ausnahmen sind historische Friedhöfe, die über Jahrhunderte hinweg an Personen und Persönlichkeiten erinnern und in ihrer Darstellung und Ausgestaltung auch Ortsgeschichte dokumentieren.

Friedenskirche auf dem Johannisfriedhof in Jena (Foto: Autor, 2. März 2021)

Ein Ort, der auf mich eine ganz besondere Anziehung ausübt, ist der Johannisfriedhof in Jena. Einst vor den Toren der Stadt gelegen, ist er heute in wenigen Minuten fußläufig vom Zentrum aus zu erreichen. Zum ersten Mal erwähnt ist das Areal 1307 als Friedhof des Dorfes Leutra, der über die Jahrhunderte hinweg Erweiterungen erfuhr. Die einschneidenste Veränderung dürfte 1938 die Aufgabe des Friedhofsteils um die Kirche St. Johannis Baptist (heute in der Wagnergasse) gewesen sein. Hier führt nun die Bundesstraße 7 als vielbefahrener Fahrweg aus der Stadt hinaus in Richtung Weimar.

1947 erfolgte die Schließung des Friedhofs, ehe er ab 1978 als Park weitergenutzt wurde. Viele Gräber von Persönlichkeiten Jenas aus den letzten Jahrhunderten wurden bis in die Gegenwart erhalten. Der Besuch dieses des Johannisfriedhofs kann jedem Bewohner und Besucher der Stadt ans Herz gelegt werden. Wer nicht vor Ort sein kann, dem ermöglicht beispielsweise dieser virtuelle Rundgang, einen Eindruck zu bekommen.

Dass die gepflegte Anlage nach wie vor – oder mehr denn je – Besucher anzieht, ist dem Förderverein Johannisfriedhof e.V. zu verdanken. Die Vereinsmitglieder kümmern sich um die Bewahrung dieses Kleinods, organisieren Führungen, Aufräumaktionen, Veranstaltungen wie den Johannismarkt oder Konzerte.

Ein großer Gewinn ist auch die geschichtliche Aufarbeitung, die von der Arbeitsgruppe Historie übernommen wird. Sie zeichnet sich verantwortlich für die vom Förderverein herausgegebene Schriftenreihe „Lebensskizzen“. Bis zum heutigen Tag wurden 24 Hefte herausgegeben, in denen hier begrabene Persönlichkeiten in Erinnerung gehalten werden. Jedes Jahr erscheinen fünf bis sechs Hefte, die vom Verein verkauft werden und auch im örtlichen Buchhandel zu finden sind.

Familienforschende haben den informativen und kulturellen Wert von Friedhöfen längst erkannt. In den letzten Jahren erfahren Grabsteinprojekte immer mehr Unterstützung. Darin werden Friedhöfe und Grabstätten vorgestellt, deren Gestaltung mittels Fotografien dokumentiert und die Lebensdaten der Verstorbenen erfasst.


Weitere Quellen zum Johannisfriedhof in Jena:

  • Trager, Ilse / Nawrotzki, André [Hrsg.]: Der Johannisfriedhof in Jena. Grabmäler erzählen Geschichte(n), Jena 2015. (ISBN 978-3-9817215-3-9)
  • Plan Johannisfriedhof, Jena 2014. (ISBN 978-3-9816311-1-1)

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